Übers Heimkommen: Gedanken einer Heimreisenden

03.06.15, 18:33 - Flug von Bangkok nach Guanzhou

Ich fliege heim.

 

Echt jetzt? Ich glaube es nicht wirklich.

 

Ich möchte nicht nach Hause. Ich möchte die Leute begleiten, die ich gerade getroffen habe und die noch weiter reisen. Auf einer niemals endenden Reise. Oder ich mache allein weiter und treffen andere Leute. Es gibt so viele Orte zu sehen und so viele tolle Leute zu treffen da draußen. Ich möchte nicht zu Hause festsitzen.

 

Jetzt wo ich darüber nachdenken: es fühlt sich eigentlich gar nicht nach zu Hause an. Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch ein wirkliches zu Hause habe. Dieser Gedanke macht mich etwas traurig, aber wirklich nur ein bisschen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich die Dinge noch so empfinde wie vorher. Oder, nein. Ich bin mir sicher, dass ich anders empfinde. 

 

Ich möchte nicht nach Hause. Dort muss ich der Realität gegenüber treten. Ich fühle mich noch nicht bereit dazu. Geld verdienen, verantwortungsvoll und erwachsen und erfolgreich sein. Ein normales Leben leben.

 

Ich möchte einfach nur ich selbst sein. Glücklich sein. Mit den Dingen, bei denen ich glaube, dass sie mich glücklich machen. Ich weiß gerade nur noch nicht genau, was das ist. 

 

19:21 - Abflug Bangkok

Wir fliegen. Auf Wiedersehen Bangkok. Die Aussicht ist unglaublich.

 

21:12 - Anflug Guangzhou

Ich denke an das Heimkommen und ich bekomme ein schlechtes Gefühl im Bauch. Ich habe Angst.

 

04.06.15, 10:03 - Flug von Amsterdam nach Stuttgart

Der letzte Flug, in einer halben Stunde bin ich wieder zu Hause. In Deutschland. Ich weiß nicht, ob ich "zu Hause" oder "Deutschland" schreiben soll. Hatte ich überhaupt ein zu Hause, als ich abgereist bin? 

 

Auf dem Weg von Guangzhou nach Amsterdam saß ich neben diesem britischen Typen. Das war vermutlich das letzte mal für eine lange Zeit, dass ich mich einfach so mit einem Wildfremden unterhalten habe.

 

Ich bin nervös, meine Familie wieder zu sehen. Ich frage mich, ob ich mich freuen werde. 


Gerade habe ich aus dem Fenster geguckt. Wow, es ist alles so geordnet hier. Die Felder! Die Farben sind wie früher. Ich will nicht wieder da sein. Es wird alles sein wie vorher, nur ich nicht. 


21°C. Gänsehaut. Ich glaube, sie kommt nicht von der Kälte. 

 

Alles ist so geordnet. Sauber irgendwie. Und so viel Platz. So viele kleine Dörfchen, die trotzdem ordentlich aussehen. 

 

Die Häuser sind riesig! Auf die Fläche würden in Asien mindestens fünf Familien passen. Und hier ist es gerade mal eine. 


Wir landen...

 

Das ist ein Auszug aus meinem Tagebuch, das ich mir auf meiner Reise durch Südostasien mitgenommen hatte. Ich habe ihn übersetzt, da ich in ursprünglich größtenteils in Englisch geschrieben habe. Wenn ich ihn jetzt noch einmal durchlese, kann ich das Gefühl, dass ich damals - vor drei Wochen - hatte, immer noch nachvollziehen.

 

Das hier soll ein Beitrag übers Heimkommen werden, den ich schon lange schreiben möchte. Den Stein des Anstoßes gab es dann durch die Blogparade von Heldenwetter zu genau diesem Thema. Jetzt weiß ich allerdings nicht wirklich, was ich schreiben soll. Ich weiß aber, dass ich diesen Beitrag unbedingt schreiben möchte, denn etwas liegt mir auf der Seele. Ich denke, ich kann es nur noch nicht in Worte fassen.

 

Vor fast drei Wochen bin ich also zurück nach Deutschland gekommen. Das Gefühl, dass ich heimgekommen bin, habe ich aber eigentlich immer noch nicht. Kommt das überhaupt noch? Habe ich denn noch ein zu Hause? Klar, ich habe hier meine Wohnung, doch als wirkliches zu Hause habe ich die noch nie empfunden. Seit meine Eltern das Haus in dem ich aufgewachsen bin vor mehr als einem Jahr verkauft haben, ergreift mich immer, wenn ich über dieses Thema nachdenke, ein Gefühl der Heimatlosigkeit.

 

Ja, ich fühle mich momentan heimatlos. Das Gefühl des Alleinseins hatte ich ab und zu auch schon vor meiner Reise. Diese Gefühl wurde aber um ein Vielfaches verstärkt, seit ich wieder in Deutschland angekommen bin. Nicht, dass ich überrascht wäre. Ich habe damit gerechnet, dass sich hier nichts verändert hat. Dass die Menschen um mich herum sich an denselben Dingen orientieren wie vorher. Wieso sollte es auch anders sein? Theoretisch zu wissen und tatsächlich zu erleben, wie es ist, wenn niemand der Daheimgebliebenen einen wirklich versteht, ist allerdings ein großer Unterschied. 

 

Ich teile mein Leben momentan in ein Leben vor und ein Leben nach der Reise ein. Ja, ich habe mich verändert. Ich habe andere Prioritäten. Und ich habe so viel erlebt. Doch das kann ich nicht rüber bringen. Die Bilder sind nur Bilder, die Geschichten nur Geschichten, die Namen nur Namen. Für mich ist das alles mit Gefühlen, Erlebnissen und Erfahrungen verbunden, die es in mein Herz geschafft haben. Ich werde diese Menschen immer in meinem Herzen tragen, auch wenn der Kontakt schon lange abgebrochen ist. 

 

Nachdem ich wieder in meiner Stadt angekommen war, versuchte ich, mein neues Ich mitzunehmen. Ich kann auch hier viel ausgehen, viel machen, viel erleben, neue Leute kennen lernen, habe ich mir gesagt. Also machte ich das.

 

Eine ganze Woche lang habe ich jeden Abend etwas unternommen. Aber es funktioniert nicht so gut. Fremde schauen dich komisch an, wenn du versuchst, ein Gespräch mit ihnen zu beginnen und beenden es schnell wieder. Und wer hat schon das Geld, in Deutschland oft in eine Bar oder die Lust, jeden Abend tanzen zu gehen. Ganz schnell habe ich gemerkt: Das, was mich die letzten Monate so glücklich gemacht hat, kann ich hier nicht haben.

 

Ursprünglich wollte ich einen Beitrag schreiben a la "Wie du nach der Reise wieder gut in der Heimat ankommst". Doch das kann ich gerade nicht. Ich weiß es nämlich selbst noch nicht wirklich. Ein solcher Beitrag wird bestimmt kommen, doch momentan wäre er unehrlich. Gerade schwelge ich nämlich lieber noch in Erinnerungen. Am besten mit den Menschen, die ich auf meiner Reise kennen gelernt habe.

 

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