Veränderung durch Reisen - Alleine unterwegs mit Kind

Seit ich letzten Sommer von meiner ersten Backpackingreise zurückgekommen bin, bin ich nicht mehr dieselbe. Durch die Erfahrungen, die ich in Asien gemacht habe, bin ich dankbarer geworden und demütiger. Ich bin mit weniger Materiellem zufrieden und will stattdessen Erfahrungen sammeln. Auch wenn es mich damals richtig geschüttelt hat und ich innerhalb von zwei Monaten meinen nächsten Tripp buchte.

 

Und immer wieder beschäftigt mich das Thema Veränderung auf Reisen. Deswegen starte ich heute eine Reihe mit dem Thema Veränderung durch das Reisen. Ich habe die verschiedensten Reiseblogger befragt, wie das Reisen sie geprägt, wie sie sich durch das Reisen verändert haben.

 

Dabei habe ich insbesondere folgende Fragen gestellt:

  1. Wie hat dich das Reisen verändert?
  2. Allgemeines zur Länge deiner Reise: Wie lange warst oder bist du unterwegs? Machst du eher Lang- oder Kurzzeitreisen? Bist du Dauerreisender oder bist du immer wieder nur vorübergehend unterwegs?
  3. Welcher Ort hat dich am meisten geprägt und wieso?
  4. Was hast du auf Reisen für's Leben gelernt?

 

Heute gibt es zu diesem Thema einen Gastartikel von Stephanie von Freileben.

 

Eintritt in ein neues Leben

Ich sitze am Flughafen in Manila, gemeinsam mit meinem dreijährigen Sohn. Unsere Pässe sind eingesammelt, unser Gepäck bereits eingecheckt und der Flug geht in einer Stunde. Es geht zurück nach Hause.

Ich schaue mich um und stelle fest: Es hat sich etwas verändert. Nicht der Flughafen, nicht die Menschen, nicht das Land. Ich habe mich verändert, das Reisen hat mich verändert. Noch vor drei Wochen hätte dieser Zustand eine mittelschwere Krise in mir ausgelöst. Die Fluggesellschaft hat unseren Abflughafen geändert und grad vor ein paar Stunden haben wir es erst erfahren. Nun versucht man uns unterzubringen. Und solange das Flughafenpersonal nach Möglichkeiten sucht, sitzen mein Sohn und ich auf den ungemütlichen Plastikstühlen auf einen ungemütlichen Flughafen in Manila. Und ich bin tiefenentspannt.

 

Statt auszuflippen oder nervös zu werden, gehe ich in Gedanken das Gespräch mit meinem Vorgesetzten durch, dem ich erkläre, dass ich auf den Philippinen bleiben muss. Denn bleiben wäre toll und ich träume, als der Mitarbeiter der Fluggesellschaft mit unseren Pässen und Bordkarten vor meiner Nase wedelt. Wir müssen uns beeilen sagt er, der Flug geht gleich. Und da war sie wieder, diese Hektik, die mir so vertraut war.

 

Ich renne mit meinem Sohn zum Gate und frage mich immer wieder, warum ich nicht einfach stehen bleibe. Warum ich nicht einfach zurück fahre zu Rachel und Han, die ich so lieb gewonnen habe oder zurück nach Palawan und einfach in den Dschungel gehe. Es gäbe so unendlich viele Möglichkeiten. Als wir im Flieger sitzen stelle ich fest, dass ich mein Herz verloren habe. Die Stimmung ist betrübt aber was war eigentlich passiert? Eigentlich war es doch nur ein Urlaub.

 

Die Philippinen als Auslöser

Ich habe das Reisen erst mit der Geburt meines Sohnes für mich entdeckt. Seitdem entdecken wir gemeinsam die Welt. Speziell vor diesem Urlaub ging mir die Frage durch den Kopf, ob ich alte Freunde wiedersehen oder neue Welten entdecken sollte. Ich habe mich für neue Welten entschieden.

 

Aber es gibt sie, diese Reisen, die dich für immer verändern. Nach denen du nicht mehr du selbst bist und deine Ansichten sich verändern. Die Philippinen sollten mein ultimatives Abenteuer werden. Touristisch sind sie noch nicht so ausgelatscht wie die meisten Gebiete Thailands.

 

Ich treffe auf eine Kultur, die ein Urvertrauen hat, welches mich so nachhaltig prägt wie es nie zuvor eine andere Kultur geschafft hat. Die Menschen dort haben nichts und sie scheinen auch nicht wirklich viel zu brauchen, solange sie einander haben. Das Leben ist so einfach, wenn wir wissen, wie wir es nehmen können. Ich ertappe mich die ganze Reise immer wieder dabei, dass ich Mitleid entwickle. Mitleid für ein Volk, das dem Anschein nach nichts hat und trotzdem so unendlich reich ist.

 

Ich beginne zu verstehen, was wirklich zählt im Leben. Ich brauche nichts und ich will nichts. Denn diese Reise hat mich gelehrt, dass alle Energien, die ich in Konsum und Gegenstände stecke, verschenkt ist und mir Lebensqualität raubt. Was bringt mir ein teurer Fernseher, wenn ihn vielleicht ein Erdbeben zu Fall bringt? Oder ein Auto, das mich zehn Minuten Fußweg transportiert? Und wozu brauchen wir Statussymbole wirklich? Nein, ich will das alles nicht mehr.

 

Wohnung kündigen, Job aufgeben, reisen

Hong Kong freileben

Ich komme nach Hause und schreibe meine Kündigung. Ich will raus. Ich rede mit einer Freundin. Sie bittet mich, zumindest erstmal den Koffer auszupacken, aber es sträubt sich alles in mir. Am Abend zeige ich Einsicht und lagere zumindest meine Jobkündigung ein. Aber die Wohnung kündige ich bereits am Folgetag, denn ich spüre so deutlich wie nie zuvor, dass sich etwas ändern muss. Dass ich das leben muss, was ich liebe. 

 

Ein Jahr später stehe ich mit gepacktem Rucksack und meinem Fünfjährigen am Flughafen. Unser Ziel ist die Welt, das Budget vernichtend gering und das Vertrauen riesig. Nun sind wir bereits vier Monate unterwegs und ich bereue nicht einen einzigen Moment. Ich habe verstanden, dass mir all das verdiente Geld nicht die Zeit mit meinem Sohn zurückbringen kann.

 

Denn das Reisen hat mich verändert und ganz speziell diese eine Reise. Denn sie hat mich gelehrt, ein Urvertrauen in die Welt und Umwelt zu haben. Es geht nicht darum, was man hat, sondern wie man lebt und es bedarf keines Geldes oder Luxus.

 

Während ich diese Worte schreibe, sitze ich am Strand, lausche dem Meer, während mein Sohn in die Wellen springt. Wenn ich jetzt in Deutschland wäre, würde ich stattdessen einen Job ausüben, der mir zwar Spaß macht, aber ein Zusammensein mit meinem Kind nicht zulässt.

 

Ich glaube nicht, dass ein solcher Ausstieg für jeden der richtige Schritt ist. Aber für uns war er perfekt. Wir wollen noch viel erkunden und das auf eine Art und Weise, wie sie die meisten mit Kindern wohl nicht machen würden. Denn Reisen ohne die vielen Ersparnisse, von denen immer alle reden, das machen in der Regel nur junge Reisende.

 

Wohin unsere Reise noch geht, das weiß ich nicht, denn genau das habe ich auf den Philippinen gelernt: Plane nichts und lebe. Verändere die Welt, wenn dir danach ist. Aber verändere vor allem deine eigene Welt. Ich hoffe, dass wir noch lange unterwegs sind.

 


Das sind Stephanie und ihr Sohn. Stephanie ist alleinerziehend, reisesüchtig, freiheitsliebend und alternativ. Auf Freileben bloggt sie über die Themen alleine reisen mit Kind trotz kleinem Budget und alternative Randthemen.

 

 

 


 

Dieser Beitrag ist Teil der Serie Veränderung durch Reisen:

  1. 12 Reiseblogger verraten, wie sich durch das Reisen ihr Leben verändert hat
  2. Infografik Veränderung durch Reisen: 30 Reiseblogger packen aus
  3. Von Österreich über den Kosovo bis zur Isle of Skye - Gastartikel von Michael Neumayr (Britlog)
  4. Vom Pauschalurlaub zum Individualtourist - Gastartikel von Susanne Ullrich (Wortgestalten)
  5. Und so lernte ich 21 Arten zu lächeln - Gastartikel von Janine Sendatzki (Finding Hummingbirds
  6. Alleine unterwegs mit Kind - Gastartikel von Stephanie Schulz (Freileben)
  7. Der Weg zur Leichtigkeit - Gastartikel von Aras Orhon (W.E.G.)
  8. Die Liebe zur Sprache entdecken - Gastartikel von Ilona (Wandernd)

 

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