Reiselust oder Reisesucht? Wie gefährlich ist das ewige Sehnen nach der Ferne?

Ich stecke in einer Zwickmühle.


Vor ein paar Tagen hat mir ein guter Freund gesagt, dass ich aufpassen muss. Denn kaum bin ich wieder in Deutschland (diesmal schreibe ich bewusst nicht "kaltes Deutschland, da ich gerade erst in Kanada war), schon schaue ich mich nach den nächsten Flügen um. Nicht, dass ich jetzt direkt etwas buchen würde. Ich fange zum 1. Oktober mit meinem Referendariat an. Ich muss erst mal schauen, wie es für mich insgesamt weiter geht. Aber gucken und träumen, das wird man ja wohl noch dürfen. 

Koh Tao Boote

 

Nun erzählte ich eben diesem Freund von meiner erneuten Flugsuche. Daraufhin meinte er, ich müsse aufpassen. Ich war verwirrt. Wovor solle ich bitte aufpassen? "Dass du nicht reisesüchtig wirst."

 

Reisesucht. Was für ein Wort. Was soll ich denn damit bitte anfangen. "Das kann gefährlich sein. Du findest dich dann nicht mehr in der normalen Gesellschaft zurecht. Du kommst doch hier gar nicht mehr klar. Du denkst ja an nichts anderes mehr und kannst das gar nicht mehr kontrollieren."

 

Die Selbstkontrolle

Also, da muss ich aber mal einhaken. Klar komme ich hier, in der "normalen" Gesellschaft sehr gut. Ich kann dieses 9-to-5-Leben durchaus führen. Die Frage ist nur, wie glücklich ich damit bin. Bin ich abhängig, nur weil mich eine bestimmte Sache glücklich macht? Dann ist man ja von jeder Neigung abhängig. Zur krankhaften Sucht wird das ganze erst, wenn man diese Neigung nicht mehr kontrollieren kann. 

 

Und genau das ist der Unterschied zwischen der schädlichen Abhängigkeit und einer Neigung. Ich kann ohne das Reisen leben, da bin ich mir ganz sicher. Ich kann mit vielem leben und ich kann auch auf vieles verzichten. Die Frage ist nur, ob ich das auch will. Und das kann ich ganz klar mit "Nein!" beantworten.


Ist Reisesucht gefährlich?

Ist es gefährlich, reisesüchtig zu sein? Oder - um vielleicht einen besseren Begriff zu verwenden - permanentes Fernweh oder Reiselust zu empfinden? Das kommt vermutlich darauf an, wie man damit umgeht.

 

Das Reisen hat mir eine neue Perspektive gezeigt. Ich sehe und erlebe die Welt anders. Ich sehe Alternativen, die mir vorher nicht bewusst waren. Ich habe mich viel selbst besser kennen gelernt. Ich lebe anders. Ich bin jemand anderes geworden; das Reisen hat mich verändert.

 

Auch wenn mich das in einen Zustand starker Spannung versetzt hat, da es in großen Teilen nicht mit den Zielen der "normalen" Gesellschaft übereinstimmt. Ich bereue es nicht. Und ich habe tatsächlich auch noch nie einen Menschen getroffen, der es bereut hat, zu reisen. 

 

Wenn man dem allerdings nicht nachgeht, wenn man seine Neigungen unterdrückt, sieht das wohl ganz anders aus. Man lebt eben seine Neigung nicht aus. Man tut so, als sei man jemand anderes. Man verstellt sich. Man wird unglücklich.

 

Zurechtfinden in der normalen Gesellschaft

Singapur

Sich in der "normalen" Gesellschaft zurechtfinden? Was ist denn bitte normal? Noch eine Sache, die ich auf Reisen gelernt habe: NICHTS, aber auch wirklich gar nichts ist "normal". Und selbst was als "normal" in der Gesellschaft hier, in Deutschland gilt. Vielleicht will ich das gar nicht so sehr, "normal" sein. Und vielleicht ist das auch gar nicht schlecht. Nicht jeder muss gleich leben. Nicht jeder muss gleich sein.

 

Die Lösung des Problems

Und, schwuppdiwupp, schon bin ich wieder raus aus der Zwickmühle. Sicher, Reisen ist meine Droge. Genauso wie ich Schokolade liebe. Ich kann die Entscheidungen zu meinen Reisen allerdings kontrollieren. Ich gehe nicht ins Internet, suche nach einem Flug und buche ihn sofort. Frei nach dem Motto "Bloß weg hier." Vor jeder Flugbuchung überlege ich einige Zeit, ob mir das mein Geld und meine Zeit wert ist. Ich fliehe eben nicht. Ich laufe nicht vor etwas weg, sondern zu etwas hin. Sollte ich darauf verzichten, obwohl mich das unglücklich machen würde? Nein.

 

Ein anderer Freund - diesmal auf Reisen kennen gelernt - hat zunächst ähnlich reagiert. "Du kannst nicht schon wieder reisen, Lisa. Mach erstmal dein Referendariat zu Ende, danach kann es wieder los gehen." Und dann: "Warte, du hast 26 Urlaubstage? Ich nehm' alles zurück! Geh reisen, das ist großartig!"

 

Zum Glück gibt es auch Menschen, die meine Sehnsucht verstehen, sie sogar teilen. Schließlich hat es noch nie jemand bereut, auf eine Reise gegangen zu sein.



Bist du auch reisesüchtig? Wie geht es dir damit, ist es eher eine Belastung oder stellt es für dich eine Bereicherung dar?


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