Gedankensalat: Ein Ende und ein Anfang

Krabi

 

28.04.15, 21:30, Fahrt von Koh Tao nach Surat Thani

Jetzt geht es also endlich wieder weiter. Ich befinde mich gerade im Night Boat nach Surat Thani und alles schaukelt lustig hin und her. Ich bin sehr froh, dass ich nicht seekrank werde. Die Einzige wäre ich allerdings nicht.

 

Ich habe mich für die günstige Version entschieden, nur mit Ventilator.  Auf dem anderen Boot – dem mit air condition – hätte es wohl sogar richtige Stockbetten gegeben. Hier liegen nur winzige Matratzen aneinander gereiht. Ich bin aber ganz froh darüber, bei einem Stockbett hätte ich mich vermutlich nicht allzu wohl gefühlt. Hier ist es zwar beengt – „a bit cozy“, wie ein Mitreisender sagte – aber doch irgendwie gemütlich.

Night Boat

 

Ich bin hier unerwarteterweise mit zwei Freunden, von denen ich mich eigentlich schon verabschiedet hatte. Mit denen habe ich die letzten vier Wochen bei meiner Tauchschule verbracht. So lange war ich jetzt nämlich tatsächlich auf Koh Tao. Aus geplanten vier Tagen, um den Open Water Diver abzuschließen, ist ein ganzer Monat geworden.

 

Was mich auf dieser kleinen Insel gehalten hat? So einiges. Mein Bungalow, das nur zehn Meter vom Meer entfernt war. Der einsame Strand, an dem man ewig im flachen Wasser waten musste, um auch nur annähernd schwimmen zu können. Die Möglichkeit, wunderbar günstig tauchen zu können. Der Gekko, der jeden Abend bei der Veranda erschien.

 

Aber vor allen waren es die Menschen. Ich habe dort unglaublich tolle Jungs kennen gelernt. Keiner von ihnen auch nur annähernd wie die Leute, mit denen ich zu Hause Kontakt habe. Und genau das war das Spannende daran.

 

Da waren die beiden Kanadier Chris und Justin. Justin hat zu Hause eine Firma zur Reinigung von Fenstern und Chris arbeitet ebenfalls dort. Die zwei hatten immer einen lustigen – oftmals auch sehr dämlichen – Spruch auf den Lippen und motivierten jeden Abend alle anderen, etwas zu unternehmen.

 

Dann der Tscheche Jan. Ich weiß gar nicht, wie ich ihn beschreiben soll. Ein Hippie, zu einem Viertel Gypsy und das merkte man ihm auch an. Seit Jahren durch die Welt ziehend, verliebt in alle Frauen und ständig ein Reggae-Song auf den Lippen.

 

Und dann die Amerikaner Sam und Derek, mit denen ich gerade hier sitze. Mit den beiden kann ich mich wohl noch am besten identifizieren. Die ehemaligen Informatikstudenten aus Georgia haben in ihrer Heimat alle Zelte abgebrochen um Dive Instructor zu werden. 

 

Mit den beiden hatte ich so einige heiße Diskussionen über Waffenbesitz, Datenschutz und Todesstrafe. Gelehrt hat mich das allerdings einiges an Toleranz. Denn obwohl ich in sehr vielen Punkten nicht mit ihrer Meinung übereinstimme, ist mir bewusst geworden, dass ich sie trotzdem noch sehr gut leiden kann. Für mich war diese Erkenntnis tatsächlich ein großer Schritt, so selbstverständlich das für viele klingen mag.

 

Nun sitze ich hier und bin glücklich und aufgeregt, dass es weiter geht, aber gleichzeitig auch wehmütig. In ein paar Stunden werde ich in Krabi sein. Ich werde wieder spannende Orte sehen, tolle Sachen erleben und interessante neue Leute treffen. Das Abschiednehmen fällt mir allerdings jedes Mal schwer. Doch auch das ist Teil des Reisens. Und ohne Abschied gäbe es kein neues Kennenlernen. Und genau das macht das Reisen zu dem tollen, spannenden Erlebnis, das es wert ist, gelebt zu werden.

 

 

29.04.15, 05:30, Busstation in Surat Thani 

Vor einer Stunde sind wir mit dem Night Boat in Surat Thani angekommen und sogleich wurden wir in ein Sammeltaxi verfrachtet. Sam und Derek mussten zum Airport, um ihren Flug nach Kuala Lumpur anzutreten.

 

An der Busstation hieß es also ein weiteres Mal – wie fälschlicherweise schon im Dive Center auf Koh Tao – Abschied nehmen. Doch auch dieses Mal war es verfrüht, denn gleich im Anschluss wurden auch die Jungs aufgefordert, auszusteigen.

 

Doch mittlerweile ist es halb 6 und die zwei wurden gerade von ihrem Taxi zum Flughafen abgeholt. Das war wohl das letzte Mal Abschied nehmen, so schnell werde ich die beiden nicht wieder sehen.

 

Ich bin wieder allein.

 

Ich fühle mich ein bisschen wie bei meiner Abreise aus Deutschland. Seltsamerweise ist das Gefühl des Alleinseins heute allerdings stärker. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich diesmal weiß, was mich erwartet. Vielleicht liegt der Grund aber auch darin, dass ich die letzten vier Wochen immer jemanden zur Gesellschaft hatte, falls ich das wollte. Auch davor bin ich in Pai mit einer Freundin gereist.

 

Ich bin traurig ob des dritten Abschieds in so kurzer Zeit, denn nur wenige Tage vorher sind erst Chris und Justin und dann auch Jan weiter gezogen.

 

Wenn ich mir allerdings vorstelle, dass ich in ein paar Stunden allein in Krabi stehe – mal wieder mit nichts anderem als der Adresse meines Hostels für eine Nacht – packt mich auch ein Gefühl der freudigen Gespanntheit. Jedes Ende ist doch zugleich auch der Anfang von etwas Neuem.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Lynn (Donnerstag, 30 April 2015 13:01)

    Ich glaube du hast gerade sehr gut Fluch und zugleich Segen des Reisens beschrieben. Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine andere. Trotzdem tut jeder Abschied weh, das kenne ich nur zu gut ...
    Aber ich bin mir sicher, das du viele tolle Dinge auf Krabi erleben wirst! :)

    Liebe Grüße,

    Lynn

  • #2

    Bine (Donnerstag, 30 April 2015 21:50)

    Liebe Lisa, ich kann es so richtig nachfühlen. Abschied tut richtig weh, doch ohne gibt es nichts Neues. So bleibe gespannt auf Neues. LG Bine

  • #3

    Evi (Freitag, 01 Mai 2015 10:30)

    Nagel auf den Kopf getroffen. So gings mir letztens auch - auch auf Koh Tao :). Hab mich dort richtig wohl gefühlt und wäre am liebsten für immer geblieben, doch der Flug nach Australien war schon gebucht.
    Ich bin bald fertig mit dem Studium und bin am Überlegen, wo auf der Welt ich anfangen sollte zu arbeiten, so längerfristig, wahrscheinlich so was wie PhD (3-4 Jahre). Und mich reißt es auseinander, es gibt viele Orte, wo ich tolle Menschen kennen gelernt habe und mich zu Hause gefühlt habe, wie soll ich mich denn entscheiden... Und wenn ich mich für einen Ort entscheide, entscheide ich mich gegen alle anderen und gegen die Menschen, die ich dort kenne...

  • #4

    Wibke (Montag, 01 Juni 2015 21:47)

    Das trifft wirklich den Nagel auf den Kopf und du beschreibst sehr schön das, was das Reisen ausmacht- die Menschen, die man trifft, der Abschied, den man nicht vermeiden kann und der notwendig ist, um wieder neue Menschen kennen lernen zu können und die Möglichkeiten, die damit einher gehen. Genau das ist es, was das Reisen so besonders macht.

    Liebe Grüße